Unbedingt festhalten!

Unbedingt festhalten!

Vor mehr als einem Jahr lernte Nora während eines Benefizkonzerts für Julian Assange, die damals 17jährige Marie kennen. Nachdem Marie in Noras Briefwechsel davon las, dass eine Schule die Coronazeit aufarbeiten möchte, fragte sie gestern per Brief an, ob Nora Interesse daran hätte, Maries Erleben als Schülerin während der CoronaZeit im Briefwechsel festzuhalten.

Fergitz, 16. Oktober 2024

Liebe Marie,

wie schön von dir zu hören.
Natürlich erinnere ich mich an dich! Du hast mich damals so beeindruckt mit deinen – wie alt warst du? – 17 Jahren? Weißt du, wie ich mich geärgert habe, dass ich mir deine Nummer nicht habe geben lassen. Schon an diesem Abend dachte ich, diese deine Erfahrungen   müssen aufgeschrieben, müssen festgehalten werden. Aber dann war ich mit Gabriele Gysi ins Gespräch vertieft und anschließend habe ich dich nicht mehr gefunden. Zwischen den vielen Menschen.
Und jetzt ist Assange frei!!!

Also: gerne, gerne und unbedingt schreibe mir, wie es dir in der CoronaZeit an deiner Schule ergangen ist.
Und auch, wie es dir jetzt geht!

Ganz liebe Grüße,
Nora .

Aufschreiben und niemals vergessen

Aufschreiben und niemals vergessen

Berlin, 15 Oktober 2024

Liebe Nora,

erinnerst du dich noch an mich?
Wir haben uns vor eineinhalb Jahren auf dem Julian-Assange-Konzert in der Musikbrauerei kennengelernt. Wir haben nebeneinander gesessen und dann fast den ganzen Abend miteinander verbracht. Du sagtest damals, ich erinnere dich an deine Tochter. Ich hoffe, ihr und auch dir geht es gut, in dieser noch immer verrückten und immer verrückter werdenden Zeit.

Ich stöbere gerne mal auf deiner Seite. Gestern bin ich auf den Brief von Kristina gestoßen –  gibt es tatsächlich eine Waldorfschule, die aufarbeiten will, die sieht, was (auch) sie angerichtet hat? Ich jubele. Vielleicht besteht doch noch Hoffnung.

Was mir immer wieder aufstößt, ist die Unwissenheit, derjenigen, die einfach mitgemacht haben, die offenbar nicht(s) hinterfragt haben. Und jetzt nicht sehen (können?) und viele, das unterstelle ich mal, nicht sehen wollen, was sie damit angerichtet haben.
So jedenfalls ist es an meiner Schule. Ich glaube, ich hatte dir damals in der Musikbrauerei erzählt, wie mit mir in der Coronazeit umgegangen worden ist. Als Schülerin mit Maskenbefreiung und damit als Aussätziger. Ich würde dir gerne davon schreiben, damit du es in deinem Briefwechsel festhalten kannst. Wenn ich es richtig verstanden habe, soll der Briefwechsel ja auch ein Zeitzeugnis sein. Ich denke, meine Geschichte, mein Erleben ist ein wichtiges Zeitzeugnis. Viele Menschen haben gar keine Vorstellung, was wir, die wir anders auf Corona geschaut haben erdulden, ja erleiden mussten, wie mit uns umgegangen worden ist.
Ich bin gewillt, den Menschen zu verzeihen, auch wenn ich nicht sicher weiß, ob ich es kann, aber das Wichtigste ist, dass man diese Sachen, die geschehen sind, niemals vergisst und immer wieder in die Köpfe ruft.
Deshalb signalisiere mir bitte, ob ich dir meine Geschichte schreiben soll. Ich war 15 und es war so krass …

Liebe Grüße,
Marie.

Aufeinander zugehen, einander zuhören

Aufeinander zugehen, einander zuhören

In ihrem Brief vom 26. September fragt Kristina Nora für einen Kollegen um Rat. Dieser will wissen, wie sich die CoronaZeit in einem Schulkollegium aufarbeiten lassen kann, ohne sich gegenseitig mit Vorwürfe zu belasten.

Pinnow, 2. Oktober 2024

Liebe Kristina,

wow, eine Schule, die aufarbeiten will. Das nenne ich doch mal eine gute Nachricht. Und dass sie auch noch Stefan um Rat fragen … Vielleicht sollten wir den Glauben doch noch nicht verlieren. Nee, verlieren wir ja auch nicht. Ich halte mich immer an deinem Spruch fest: Istzustand annehmen. Nun also mit positiver Tendenz.
Mein Rat … Hier in Prenzlau hatten wir einen Runden Tisch, insgesamt glaube ich sieben Mal. Bei diesem Runden Tisch ging es darum, einander zuzuhören. Es gab keine Diskussion, kein Suchen nach der Wahrheit, nach dem, was richtig und was falsch war.

Zwei „Moderatoren“ führten durch die Veranstaltung, die aus drei Fragen bestand. Ich erinnere mich nur noch an die erste: Wie hast du die CoronaZeit erlebt? Für mich war das die wesentliche Frage.
Jeder Teilnehmer hatte fünf Minuten Redezeit (nach dem ersten RT haben wir allerdings auf sieben Minuten erhöht – der Redebedarf war groß, das Erleben viel). Alle anderen hörten zu. Dann gab es eine halbe Minute Pause, um sacken zu lassen, bevor der nächste dran war.
Ich habe diesen Runden Tisch als ungemein heilsam empfunden – einmal als Teilnehmerin und die anderen Male als „nur“ Zuhörende.

Nach der Veranstaltung erfolgte häufig noch ein Austausch, immer wohlwollend und auf Augenhöhe.

Die Idee, einander zuzuhören, sich einzulassen und einzufühlen, ohne den Druck und auch nur die Chance etwas entgegnen zu wollen, zu können, zu müssen, halte ich für die beste Möglichkeit wieder aufeinander zuzugehen, Rückschlüsse zu ziehen (jeder für sich und dann gerne gemeinsam) und innen drin heilen zu können.

Aber sicher gibt es auch noch andere Ideen – Was hat Stefan für Anregungen aus seinen „Schwurblerkreisen“ bekommen? Halte mich bitte auf dem Laufenden.

Liebe Grüße,
Nora.

Endlich Aufarbeitung

Endlich Aufarbeitung

Berlin, 26. September 2024

Liebe Nora,

ich brauche deinen Rat. Oder viel mehr deine Erfahrung zum Thema Coronaaufarbeitung.
In der Schule der Kinder meines lieben Kollegen Stefan – einer Waldorfschule – wurde endlich angeregt, die Coronazeit aufzuarbeiten, weil einige Schüler arg damit zu kämpfen haben, wie sie ausgegrenzt wurden. Und Stefan auch – er hatte damals seine Konsequenzen gezogen, gekündigt und war zu uns in die Schule gewechselt; für seine Kinder war das leider nicht möglich.
Jetzt aber wurde er tatsächlich angesprochen, ob er eine Idee habe, wie man mit dem Problem umgehen, wie man es aufarbeiten und damit lösen könnte.
Ich habe Stefan angeboten, dich zu fragen, wie man es anstellen könnte, alle aus dem Kollegium an einen Tisch zu bekommen, ohne sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Stefan will auch noch in seinen „Schwurblerkreisen“ fragen.
Ach Mann, dieser Rattenschwanz ist so krass … Die Kinderpsychologien sind total übervoll …
Wenn dir etwas einfällt, wäre das super.

Lieben Dank und Gruß,
Kristina.

Affenpocken im Straßencafé

Immer mal wieder schaltet sich Noras Freund Paul aus Schwedt mit seinen Beobachtungen zur Zeit in den Briefwechsel. Zuletzt schrieb er am 6. Juni von seinem Besuch im Eberswalder Café Kleinschmidt. Heute war er erneut in einem Café und wurde Ohrenzeuge.

Schwedt, 28. August 2024

Liebe Nora,

die Tage haben sich verändert und ich gehe davon aus, dass es nicht nur am wechselnden Wetter liegt. Ich höre den Menschen noch genauer zu als früher, lese schneller zwischen den Zeilen als früher und genieße jeden Sonnenstrahl.

Die meisten Leute setzen sich sicher gerne mal in ein Straßen-Café. Man kann bei Tee oder eben Kaffee entspannen und Leute beobachten, sein Gesicht in die Sonne halten oder einfach schlicht seinen Gedanken folgen. Das mache auch ich ganz gerne. Ab und an kommt es vor, dass ich unfreiwillig Gespräche am Nebentisch mit anhören muss, die irgendwann nerven. Dann verschwinde ich meistens schnell. Es kommt aber auch vor, dass ich Gespräche mit anhören darf, die mir gefallen und dann bleibe ich und bestelle mir noch einen zweiten Kaffee oder ziehe den Ersten extrem und geduldig in die Länge. Letzteres konnte ich vor ein paar Tagen erleben und ich bestellte mir, weil es passte, einen zweiten Espresso. Zwei alte Leute, eine Frau, ein Mann, beide etwa 80 Jahre alt, sympathisch, aufgeweckt, offenkundig kein Paar, sondern Bekannte, unterhielten sich, wie man es oft kennt, da dies das Alter begleitet, über Krankheiten und Arztbesuche. Die Frau voran, offenbart, dass ihr Arzt wieder neue Tabletten verabreichen wollte. Sie sagte ihm, dass sie die alten schon nicht nähme. Der Arzt war entsetzt. Sie meinte nur: „Machen Sie sich keine Sorgen Herr Doktor, es geht mir ja wirklich gut!“.  Ihrem Gesprächspartner am Kaffeetisch zugewandt sagte sie: „Diese ängstlichen Ärzte. Mehr als gut ginge ja wohl nicht, wozu also Tabletten?“. Beide Alten am Cafétisch nebenan lachten herzlich und wirkten auf mich, wie die beiden alten Männer auf dem Balkon aus der Muppet-Show. Auch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Ja, ja sagte daraufhin der Alte am Nebentisch, er kam mit einer verschnupften Nase zu seinem Arzt und der wollte ihm Antibiotika verschreiben, worauf der Alte dem Arzt antwortete: „Ach lassen Sie mal, für so etwas nehme ich schon seit ein Dreiviertel-Jahrhundert ein Taschentuch“. Die beiden am Nebentisch kicherten wie kleine Kinder und ich pustete mir vor Lachen fast den Kaffee durch die Nase und über die Hose. Nun konnte ich es nicht mehr verbergen, dass ich ihnen zuhörte. Sie schauten mich beide an und ich fühlte mich wie ein kleiner Junge, welcher beim Lauschen erwischt wurde.

Um der Situation zu entkommen meinte ich, ich ginge schon seit über 20 Jahren nicht mehr zum Arzt, außer zum Zahnarzt, denn mit Zähnen sei nicht zu spaßen. Daraufhin sieht die alte Dame mich ernst an, öffnet ihren Mund als würde sie mich wie ein tollwütiger Hund beißen wollen und sagte: „Das stimmt!“, klackte dabei mit ihrem Fingernagel auf Keramik oder Plastik, als würde ein Vögelchen mit seinem Schnabel an einer Fensterscheibe klopfen und deutet mit selbigem Finger auf ihr künstliches Gebiss. Ich verstand sofort, hatte etwas Angst, dass sie dieses jetzt aus dem Mund nehmen würde, was glücklicherweise nicht passierte, wartete noch eine Sekunde und dann lachten wir alle drei wie auf Kommando lauthals los.

Daraufhin meinte der alte Herr, er saß neulich wieder einmal im Wartezimmer bei seinem Hausarzt, welcher schon lange keine Zeit mehr hat, zu ihm nach Hause zu kommen und er darum zu ihm kommen muss. Viele Leute, ob jung, ob alt, kratzten sich am ganzen Körper und hatten Arme und Hände aufgekratzt. Eine der Damen im Wartezimmer meinte, das erinnerte sie an die Nachkriegszeit, als es die Krätze gab. Alle anderen im Raum schauten sie an. Der alte Herr meinte darauf nur trocken zu ihr: „Im Fernsehen sagen sie, es seien Affenpocken“! Nun sahen alle erstarrt zu ihm. Das war ihm nicht entgangen und er sagte ihnen zur Beruhigung, dass sie sich keine Sorgen machen sollten, denn er wüsste ganz sicher, da er den Beipackzettel gelesen hatte, dass im AstraZeneca-Impfstoff das Schimpansen Adenovirus enthalten sei und jeder der noch etwas bei Verstand sei, ja wohl die Finger davon gelassen hat, zumal dazu gentechnisch veränderte menschliche embryonale Nierenzellen verwendet wurden und Polysorbate80 enthalten ist, welches krebserregend, Thrombosen, Leberschäden und Hautkrankheiten  auslöst. Die meisten Menschen hätten ja andere Impfstoffe bekommen oder hätten diesen Unfug erst gar nicht mitgemacht.

Wie ich den alten Herrn am Nebentisch so betrachte, merke ich, dass er es so meinte wie er es sagte und obwohl ich impffrei bin, verflog meine gute Laune mit einem Schlag. Er verneinte meine Frage ob er wüsste, was in den anderen Beipackzetteln der anderen Hersteller stand. Die alte Dame legte kurz aber vertraulich ihre Hand auf meine bevor ich aufstand und meinen Kaffee bezahlte. Den restlichen Tag hatte ich entsetzliche Magenschmerzen. Ich hätte es wissen müssen, zwei Kaffee so dicht nacheinander habe ich noch nie vertragen..

Liebe Grüße Paul