Tagebuch einer ver-rückten Zeit

Tagebuch einer ver-rückten Zeit / Tag 24

4. November 2021

                                                                                                                                               

„Lass dich bitte nicht impfen! Auf keinen Fall!“ Ines schaut mich so eindringlich an, dass ich kurz überlegte, ob sie es tatsächlich für möglich hält, dass ich mich impfen lasse. Diese Vorstellung ist so weit weg von mir selbst, dass ich das Bild dazu gar nicht in meinen Kopf bekomme.
Doch woher soll Ines das wissen. Wir kennen uns nur als Mütter aus der Schule. Nun haben wir uns im REWE getroffen. Dass heißt, wenn man es genau nehmen will, hat Ines mich getroffen. Obwohl ich ihr mitten ins Gesicht schaute, habe ich sie hinter ihre Maske nicht erkannt.

Ines fragte, wie es mir ginge. Was sollte ich sagen? Ich suche meine Stabilität. Ich erzählte von dieser Zeit, die mich ganz schön umhaue. Ines dachte, ich meinte das Wetter. Prompt waren wir mitten drin im Thema. Ich staune immer wieder, wie offensiv ich die Menschen mit meiner Sicht, mit meiner Haltung konfrontiere – ohne zu wissen, wie sie auf diesen Wahnsinn schauen.

Ines schaut wie ich. Allerdings offenbar aus ganz anderen Zwängen heraus. Sie, die ihre drei Kinder allesamt komplett ungeimpft aufwachsen lässt, hat sich impfen lassen. Wegen ihrer Familie. Um des lieben Friedens Willen, der nun ihr Schmerz ist. Ihr psychischer, aber auch ihr körperlicher. Sie hat mir nicht gesagt, was sie hat, nur, dass sie immer noch nicht wieder die Alte sei.

Ines erzählte, sie habe alle Symptome genauestens dokumentiert, auf einem Zettel, der ihr bei der Erstimpfung für den Fall eventueller Nebenwirkungen mitgegeben worden war. Als sie diesen zur Zweitimpfung mit ins Impfzentrum nahm und bat, den Zettel weiterzuleiten, sagte ihr die Ärztin, das sei der falsche Zettel, sie müsse einen anderen Vordruck ausfüllen. Ines bat um diesen Vordruck. Die Ärztin antwortete, den hätten sie hier nicht. Ines fragte, wo sie den richtigen Zettel bekäme. Beim Hausarzt.

Welch ein Irrsinn, welch ein Aufwand. Dahinter steckt doch Prinzip. Die Leute werden mürbe gemacht. Inzwischen hat Ines sich den richtigen Vordruck besorgt. Er liegt zu Hause. Ines kommt einfach nicht dazu, ihn auszufüllen.

Der NDR berichtet über ein zwölfjähriges Kind aus Cuxhaven, dass zwei Tage nach der zweiten Impfung plötzlich gestorben sei. Das Kind hatte Vorerkrankung, allerdings wird wegen der zeitlichen Nähe zur Impfung vermutet, dass die Impfung die Todesursache ist.

Mittlerweile kenne ich die verrücktesten Begründungen, weshalb sich Menschen impfen lassen. Aber als Claudia mir heute erzählte, was sie zur Impfung trieb, blieb mir echt die Spucke weg. Da sie die Impfung gut vertragen hat, kann ich sogar über diese Blüte der Absurdität lachen. Claudia arbeitet in der Volkshochschule und gibt dort auch Kurse. Wer die VHS betreten will, muss eines der 3Gs erfüllen. Claudia entschied sich fürs Testen. Zwei- oder dreimal die Woche. Jedes Mal war ihr Test und immer nur ihr Test positiv. In Folge musste sie sich ins Testzentrum begeben, und dort einen PCR-Test machen lassen, der wiederum jedes Mal negativ war. Claudias Ärztin konnte ihr nicht sagen, was an ihrer Schleimhaut den positiven Ausschlag verursachte. Irgendwann jedoch hatte Claudia genug von diesem Prozedere und beschloss, sich impfen zu lassen, um endlich ohne Testablenkung einfach ihrer Arbeit nachgehen zu können.

Ist es das, was Ina unter einem Corona-Slapstick versteht? Unter Humor? Ich kann jedenfalls darüber lachen. Kopfschüttelnd zwar, aber immerhin. Claudia lacht ja auch.